Dienstag, 9. Oktober 2007

Über Grundsätze

Gerade heute, als ich in der Redaktion die Blogosphäre durchstöberte, stieß ich in dem Blog "Unzeitgemäße Betrachtungen" auf folgenden Text von Karl-Heinz Bohrer, den ich hier zitiere:


K.-H.Bohrer: Dekadenz - Kein Wille zur Macht

Im folgenden einige Gedanken von Karl-Heinz Bohrer zum Thema: "Dekdanz - Kein Wille zur Macht." aus dem gleichnamigen Artikel in: Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken. Heft 8/9 2007, S.659-667.

Ein Kriterium von Dekadenz ist der Verlust von Macht, der sich klassischerweise militärisch niederschlägt. Sollte nun aber doch der in Deutschland weitgehend tabuisierte Ernstfall, der Verteidigungsfall, eintreten, wäre Deutschland wahrscheinlich weder verteidigungsfähig, noch verteidigungsbereit. Die technische Kapazität der Luftwaffe etwa, ist so zurückgeblieben, dass sie weder zum Angriff noch zum verteidigen taugt. Allerdings würde die Mehrheit der Bevölkerung wohl sowieso lieber die Besatzung des Landes hinnehmen, als es zu verteidigen. Angesichts dieser objektiv-militärischen Dekadenz wirkt die pathetisch vorgetragene Formel: "Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen" wie die Zusicherung des Hasen an den Löwen, ihn nicht wieder zu beißen. Was geschehen würde, wenn deutsche Soldaten in Kampfhandlungen zu Tode kämen (etwa im Süden Afghanistans) mag niemand vorherzusagen - daher belässt die Regierung die Soldaten lieber im Norden. Die unabstreitbare Möglichkeit, wenn nicht Notwendigkeit, Militär auch zur Klärung von Machtfragen einzusetzen, wird zugunsten des Versuchs einer Nichtteilnahme an der internationalen Politik, oft wegen einer angeblichen Überholtheit militärischen Engagements überhaupt, aufgegeben. Das beruht auch darauf, dass in Deutschland Macht und Recht durch ein Misverständnis als getrennte Größen gesehen wurden/werden. Das Prinzip von Eminenz genügt allein schon völlig, um als soziales Tabu zu gelten. So geht es nicht nur um einen pazifistische Einstellung im Kriegsfall, sondern um generelle Mentalitäten: Schamlosigkeit, mangelnde Qualifikation(sbereitschaft), Selbstmitleid, Mutlosigkeit, Maß- und Haltlosigkeit. Die Haltungen des sich-gehen-lassens, die öffentliche Formlosigkeit breitet sich in allen Gesellschaftsschichten aus. Die traditionelle Oberschicht wird durch eine Funktionselite ersetzt, die weder institutionell noch gesellschaftlich Vorbild ist, sie hat keinen kulturellen, moralischen oder geistigen Anspruch. Der aristokratische Tugendkanon hat in Deutschland keine Nachwirkung gehabt. Es gibt keine private Miserabilität, keine private Obszönität, keine private Häßlichkeit, die qua Massenmedien nicht zum öffentlichen Bewusstsein gebracht würde und dort inzwischen normative Wirkung zeigt. Für die Politik heißt das ihre Selbstreduktion auf die Sozialhilfe. Man befindet sich in einer "postheroischen Gesellschaft", die sich durch einen Willen zur Macht auszeichnet: kulturell, moralisch, politisch. Wer auf Macht verzichtet, verzichtet aber auf Politik.

Ich halte Bohrers unzeitgemäße Betrachtungen für bezeichnend für unsre heutige Gesellschaft.
Sagen wir es so: Uns fehlt der Mumm, uns durchzusetzen, weil wir kleingehalten werden. Das beste Beispiel ist die Autorität des Lehrers in der Schule. Selbst in Gymnasien scheint mancher Leer...äh, tschuldigung, ...Lehrkörper ein Problem damit zu haben, Autorität auszuüben, in der Angst, er könnte die "individuelle Entwicklung" seiner Schüler gefährden, indem er ein Machtwort spricht, welches Gefolgsamkeit, Disziplin und Gehorsam verlangt. Solche Angst vor Unterordnung und auch die Verweigerung der Unterordnung der Schüler in ihren weiteren Leben, die durch den Lehrer schlecht beeinflusst wurden, führt unsere Nation, unser Wertesystem, in den Abgrund. K.-H. Bohrer erkennt es richtig: Diesen Zustand nennt man Dekadenz.

Um solchen Zuständen entgegenzuwirken, braucht es zwei entscheidene Tugenden, deutsche Tugenden wohlgemerkt. Sie heißen FIDELITAS ET VERITAS - Treue und Wahrheit.
Das ist der Grundsatz dieses Blogs.

6 Kommentare:

Postillion hat gesagt…

Hallo, Samuel Röhnstätter, ich freue mich, dass mit Dir ein neuer Monarchist hier aufgetaucht ist. Neben einigem Trennenden finde ich bei Dir auch viel Verbindendes: Den Monarchismus im allgemeinen und die Abneigung gegen die Parteienherrschaft. Gemeinsam werden wir sicher eines Tages das entscheidende Argument gegen die Demokratie finden.

Samuel Röhnstätter hat gesagt…

Grüß dich, Postillion.

Nun, die Demokratie und die Monarchie können in meinen Augen recht gut zusammen existieren. Ich bin nicht gänzlich der Monarchie zugeneigt und auch nicht gänzlich Demokratie zugeneigt. Wie so oft macht die richtige Mischung das Gift.
Für mich lässt sich die ideale Politik in zwei Bereiche fassen: Das bewahrende monarchische Dach und die demokratische Basis. Die demokratische Basis ist unmittelbar für den Bürger dar und kann für die Bedürfnisse des Bürgers angewendet werden. Auf der anderen Seite bewahrt das monarchische Dach die Werte der Nation und macht sie beständig. Aus diesem Grund gibt es in meinen Theorien immer einen Gegensatz zwischen Monarch und Parlament.

Samuel Röhnstätter hat gesagt…

Und dieser Gegensatz soll gegenseitigen Machtmissbrauch verhindern, indem der Bereich der politischen Willkür derart verengt wird, dass allein das Gottesgnadentum die höchste Stufe des Staates wird. Aus diesem Grund muss der Hohe Rat in wichtigen Dingen, wie z.B. Reformen, die Stimme des Kaisers hinter sich haben, denn ohne Bestätigung seitens des Herrgott geht nichts.
Jedoch ist die direkte Demokratie nur ausschließlich für volksunmittelbare Belange zuständig, auf Einwilligung des Kaisers auch in höheren Fragen. Denn die Demokratie heißt "der Bürger für den Bürger". Wenn der Bürger eine Reform in der Gemeinde haben will, so soll er sie so auch bekommen.

Samuel Röhnstätter hat gesagt…

was ich jedoch ablehne ist die Ideologie des "Demokratismus", die ausschließlich Demokratie als leere Worthülse predigt und keine Haltung neben sich zulässt. Ich denke, da sind wir uns einig.^^

Bist du Unterstützer der Hohenzollern oder der Habsburger. Des Protestantismus oder des Katholizismus?

Postillion hat gesagt…

Hallo Samuel Röhnstätter, Deine Frage - Hohenzollern oder Habsburger - halte ich für zweit- oder drittrangig. Bei Deinem "Sowohl-Als-Auch" ist mir nicht ganz wohl zumute. Nur eines ist mir klar: Du bist eine ehrliche Haut, und Du hast eine angenehme, kultivierte Ausdrucksweise. Herzliche Grüße!

Samuel Röhnstätter hat gesagt…

Die weiteren Detailfragen über das Herrscherhaus schießen mir hin und wieder durch den Kopf und bringen mich dazu, mich ernsthaft darüber Gedanken zu machen. Vielleicht kann man das mal klären^^

Das Zusammenspiel zwischen Monarch (Gottesgnadentum) und Volk (Parlament) werde ich noch in ein paar weiteren Beiträgen näher erläutern. Ich bin einfach dem Absolutismus abgeneigt, denn man sieht ja, was aus Ludwig dem XVI. geworden ist. Und ich meine, dass das Volk auch gewisse Wünsche hat, die es vor dem Kaiser äußern können müssten